Kunst

Je nichtssagender die Werke, umso wortreicher die Verpackung. Meterhohe Parodien aus Gummibärchen und Marzipanschweinchen, fotografierter Geschlechtsverkehr und fabrikneue Staubsauger von Jeff Koons in Vitrinen werden von der Kunstsachverständigen der Staatsgalerie als hedonistische Botschaft bezeichnet.

Der Mangel an Gehalt greift nach Superlativen, denn Superlative kaschieren ihn.

 

Man meint, der Künstler forme das, was er erlebt.

In Wirklichkeit erlebt er das, was er formt.

 

Die Unmöglichkeit. das Geliebte genau nachzubilden, ohne es zu beschädigen. Das zärtliche Ausweichen der Impressionisten. Abenteuerlicher Realismus: so genau darstellen, dass der Zerfall sogleich zu befürchten ist.

 

Die Kunst soll nicht trösten, denn das Unerträgliche soll unerträglich bleiben.

 

Zwei Elemente dürfen in der Kunst nicht fehlen:

Zeit und Widerstand der Materie.

 

Künstler und Sammler, beide haben mit Kunst zu tun. Der Künstler, wie z. B. von Giacometti berichtet wird, würde aus einem brennenden Haus eher eine Katze retten als einen Rembrandt. Der Sammler eher das Bild als den Künstler.

 

Kontrapunkt: Die Harmonie bedarf der Gegensätze.

 

Das Geheimnis des Schönen ist die Klarheit.

 

Andre Gidé: „L’art vit de contrainte et meurt de liberté.“

 

Gewohnheiten widersetzen sich der Kreativität: Ernährung, Hygiene, Ordnung im Tageslauf und in den Gebrauchsgegenständen.

Alles, was zum Handwerk gehört, stützt sich auf Gewohnheiten. Beim schöpferischen Akt werden diese Krücken abgeworfen. Er ist immer ein Sprung aus dem Rhythmus, aus der Sicherheit, aus der Geborgenheit; ein Sprung ins Ungewisse und in die Einsamkeit. Gewohnheiten schützen vor Gefühlsausbrüchen – nicht nur der Leiden, auch der Freuden. Der tägliche Streit in der Ehe wird nicht mehr als unerträglich und das tägliche Erwachen in wohlbeheizten Stuben nicht mehr als Glück empfunden.

 

Ob ein Werk Kunst ist, entscheidet die Zeit und das wiederholte Betrachten. Nur in der Begegnung mit der Natur und mit Kunstwerken erster Ordnung ist Wiederholung erträglich.

 

Das Schöne und das Gefällige

Das Schöne ist ein urmenschliches Bedürfnis. Das Gefällige aber drängt sich vor und bietet sich als Ersatz an. Das Schöne bedarf der Zeit, der Stille und des Raums. Unsere Konsumgesellschaft aber schließt diese drei Elemente aus und greift nach dem Gefälligen.

 

Die Kunst der Gegenwart sträubt sich gegen das Gefällige. Viele der erfolgreichen Künstler bedienen sich der Gesellschaftskritik. Die setzt dem Gefälligen aber nicht das Schöne entgegen, sondern parodiert den kulturellen Zerfall. Die Kritik entartet zur Nörgelei, wenn sie nicht das Positive entgegenhält. Eine Kritik, die nur auf das Negative hinweist, ist nicht kreativ. Sie bespiegelt sich am Ende nur selbst. Eine aufrichtende und weiterführende Kritik beleuchtet auch die guten Ansätze.