Erkenntnisse

Wenn Dir alles wehtut,

geh nicht zu den Vernünftigen.

Keine tröstlichen Worte,

keine Durchhalteparolen,

keine Ratschläge.

Geh lieber zu einem, der fluchen kann,

der die Schnapsflasche aus dem Schrank holt

und schweigend den Kopf schüttelt.

 

Gebrauchtwerden ist eine Last und ein Bedürfnis.

Existenzbestätigung in der Schwerkraft.

 

In der Schwerelosigkeit kein Seinsempfinden.

Belastung schafft Leiden, Leiden als Existenzbestätigung.

Der Lebenstrieb vermeidet Schmerz und Leiden.

Das Existenzbedürfnis sucht nach Belastung. – Paradox!

 

Entscheidungen haben nicht immer die Motive, die wir ihnen nachträglich zuschreiben. Dem Handelnden bleiben sie oft verborgen.

 

Ideologien und Dogmen verneinen die sich wandelnde Wirklichkeit. Sie sind unbeweglich und können sich selbst nur mit Gewalt erhalten.

 

Wir sind stärker von den negativen Erlebnissen geprägt, als von den glücklichen Augenblicken, die sich meist selbst genügen und keine Fragen aufreißen. Bestünde das Leben nur aus Glückseligkeit, gäbe es keine Lichtblicke. Und auf die kommt es an.

 

Die Sterne werfen uns die Bausteine zu. Wir sind es, die ein Schloss oder einen Schuppen daraus bauen.

 

Ein guter Zuhörer darf sich nicht alles erzählen lassen. Er muss gezielte Fragen stellen und präzise Antworten fordern. Auch der Müll muss sortiert werden. Es gibt die grüne Tonne, den Glascontainer und den Schweinekübel.

 

Der Wohlstand, der eine langanhaltende Sättigung ist – also ein Zustand – entbehrt der Spanne zwischen Wunsch und Erfüllung, in der das Glück wahrgenommen wird. Auch der Gesättigte will das Glück. Er entbehrt nicht das Brot, um satt zu werden, sondern das Glück, das in der Befriedigung des Hungers liegt.

 

Die Sorge nimmt den ganzen Raum ein, deshalb ist es besser, mehrere Sorgen zu haben, dann nimmt jede nur einen Teil ein. Die Summe der Teile ist – was Sorgen betrifft – weniger als ein Ganzes.

 

Den Wert einer Sache messen wir an der Mühe, die sie uns kostet.

 

Gewissheit: Zwei und zwei sind vier. Das ist gewiss. Wer sich an diese Gewissheit hält, ist schon gestorben. Der Tod ist die einzige Gewissheit, die wir vor uns haben. Alles Lebendige bleibt ungewiss.

 

Die guten Sitten waren von jeher eine Konvention, die von der herrschenden Klasse bestimmt wurde. Selbst hat sie sich kaum daran gehalten. Habgier und Korruption waren ihr Privileg. Das unwissende Volk hat sich gefügt. Der Glaube an das Gute wurde schon den Kindern mit dem Rohrstock eingebläut.

Heute gibt es die Information. Das Volk erfährt über die Medien vom Betrug und der Habgier der Mächtigen, der Regierenden und Interessengruppen – bis hin zum kleinsten Sportverein. Dieses Wissen hat nichts geändert; es hat nur den Glauben an das Gute getilgt und den Kleinsten ermutigt, es den Großen gleichzutun.

 

Krankheit, Irrsinn und Böswilligkeit sind im idealen Sozialstaat gerecht verteilt. Wer hier noch gesund, vernünftig und guten Willens ist, hat so viele Lasten zu tragen, bis der Ausgleich geschaffen ist.

 

Vor wichtigen Entscheidungen befragten die Alten Römer den Vogelflug. Wir befragen die Mehrheit.

 

Die eigene Unwichtigkeit zugeben, überzeugt den Anderen. Er ist dir sogar dankbar und attestiert Dir Bescheidenheit. – Ein Irrtum, mit dem sich gut leben lässt.

 

Ich weiß, dass ich angelogen werde. Warum regt mich das nicht auf? Warum überkommt mich jedesmal Mitleid, anstatt gerechter Zorn? Kränken würde mich allenfalls die Schonungslüge, aber vor der bin ich verschont, oder sie präsentiert sich als Höflichkeitsfloskel in leicht erkennbarer Verkleidung.

 

Das Langweilige am Laster sind die Wiederholungen.

 

Freiheit – ein Raumbegriff. Es gibt keinen Freiraum im Kollektiv. Die Vögel spüren das, sie sind Meister im Abstandhalten. Freundschaft, Liebe ohne Zwischenraum ist die Hölle. Ich trete zurück und schaffe Raum.

 

Das Schuldgefühl ist ein Spiegel des Hochmuts. Da, wo ich mich schuldig fühle, halte ich mich für fähig, Umstände und Menschen beeinflussen und ändern zu können. Eine Selbstüberschätzung. Ich kann nur meinen Verpflichtungen nachkommen, Hilfe leisten nach Kräften und es dem anderen überlassen, etwas daraus zu machen – oder nicht.