Besigheimer Kunstskandal

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Im Jahr 1953 nimmt Eva Zippel an einem Wettbewerb für eine Brückenfigur für die Neckarstaustufe in Besigheim teil. Ihr Modell eines Mannes, der einen Stier bei den Hörnern hält („Gebändigte Kraft“), wird von der Jury mit dem ersten Preis bedacht. Nach deren Urteil „bringt [die Plastik] den Gedanken «gebändigter Kraft» in origineller Weise zum Ausdruck. Dabei ist der Entwurf von großer Straffheit, Geschlossenheit und Dynamik, so daß von der Ausführung eine außerordentliche Wirkung erwartet werden kann.“

 

Der Ludwigsburger Landrat Hermann Ebner hingegen, der als Vertreter der „Mehrheitsmeinung“ auftritt, hält die Skulptur für verfehlt und widersetzt sich ihrer Realisierung. Dies sei eine Warnung an die Kunstexperten, der Bevölkerung „eine Kunstdiktatur zu ersparen“ (Degreif 1979, Seite 50). Der Bildhauer Alfred Lörcher ergreift die Partei seiner jungen Kollegin und wendet sich gegen eine „behördlich gelenkte Kunstpolitik“ und erinnert an die einschlägige Praxis im Dritten Reich (Degreif 1979, Seite 205). Um dem Streit ein Ende zu bereiten, kauft die Neckar AG das für die Plastik vorgesehene Grundstück, so dass sie ohne öffentliche Einmischung ausgeführt und aufgestellt werden kann (Seebach 2005, Seite 79-80).

Fast zeitgleich wird Zippels ehemaliger Lehrer an der Kunstakademie Otto Baum ebenfalls in einen Kunststreit verwickelt. Auch er gewinnt einen Wettbewerb für eine Brückenplastik in Esslingen am Neckar, die aber nach einer öffentlich ausgetragenen Polemik dann doch nicht realisiert wird.